Tiki- Geist des Heimwehs nach der Fremde
Wie zuletzt schon angekündigt, so ist Tiki, neben dem Cocktailminimalismus, ein Weiteres meiner Faible. Mit diesem, verhält es sich ungefähr so wie mit der Geschichte weswegen ich, nach einem abgebrochenem und einem abgeschlossenen Studium, noch immer in der Gastronomie arbeite.
In meiner Jugend, hatte ich wahrlich wenig Interesse, wenn ich abends in Bars ging, mich für die Tiki-Klassiker auf den jeweiligen Karten zu faszinieren, in der Regel zu süß und zu verwaschen, fand ich die Zombies und Hurricanes zu jener Zeit. Doch mit einer der letzten guten Folgen Scrubs, kam ein neuer Hauch, der Zwang danach Bahama-Mama trinken zu müssen. Schließlich kam mein Schritt von vor der Bar zu hinter den Tresen und nun merkte ich das mit dem Tiki, das ist doch Mist, viel zu viel von allem und wer soll sich das alles merken? Und so wurde die Abneigung größer.
Doch es sollte nicht lange so bleiben. 2014 rief Jägermeister die German-Tiki AG ins Leben und wie es sich als guter Schüler gehört unterstütze ich meinen damaligen Kollegen und Mentor bei der Durchführung des ersten Treffens in Jena, wobei ich den einzelnen Meinungen und Ideen der Teilnehmer lauschen durfte. Bei dieser Gelegenheit bot sich mir ein vollkommen neuer Blickpunkt auf diese ganze „Tikimaterie“. Nicht nur wie Jägermeister dies unterstützte, sondern das Tiki vielmehr das komplexe Zusammenspiel einer Vielzahl von Aromen ist.
Ist also der Cocktailminimalismus vergleichbar mit einer Jazzcombo, so ist der Tiki-Drink schon eher ein Orchester, in dem jede Zutat, ihren Platz und ihre Berechtigung besitzt. Merkt man in einer Jazzcombo, kleine Ungereimtheiten sehr schnell so verzeiht ein Orchester auch mal einen kleinen Schnitzer. Die leise Stimme verrät mir schon wieder das Getuschel: “Tiki, ein Orchester…der hat doch den Schuss nicht gehört!“
Doch lasst es mich an einem einfachen Beispiel erklären: Nehmen wir einen Mai Tai nach Trader Vic’s Beispiel,
Mai Tai
Rhum Agricole, Jamaican Rum, Overproof Rum, Orange Curacao, Limettensaft, Mandelsirup, Muscovado Zucker
so erfüllen alle Ingredienzien einen Sinn und einen Zweck.
Beginnen wir mit dem Rum: Der Jamaica Rum, durch seine Herstellung schon viel kraftvoller und wuchtiger, als sein Gegenspieler der Rum Agricole, gibt uns die Basis. Er ist das Fundament, er gibt unserem Drink die Kraft und den Körper. Sein Pendent der Rum Agricole dagegen soll nichts von alledem liefern, hergestellt aus frischem Zuckerrohrsaft, ist er frisch und fruchtig. Er ist es, der unser kräftiges volles Fundament mit seinen Nuancen ergänzt und langsam weiter führt zu dem was den Mai Tai zu einem Mai Tai macht. Der Drink lebt vom Gegenspiel, von Fruchtigkeit, Frische und der Süße der Mandel. Die Frische bringt die Limette mit ihrer Säure, sie hebt die fruchtigen Noten des Orange Curacao und des Rum Agricole. Die Süße birgt sich in der Kombination aus Mandel und Muscovado-Sirup. Der Mandelsirup gibt neben der Süße, vor allem die Kopfnote und das Aroma, es ist das Erste was wir, wenn wir das Glas zu unserem Mund führen, warhr nehmen und das Letzte was schließlich auf der Zunge liegen bleiben sollte. Und um genau dies zu erreichen, nutzen wir den Muscovado- Sirup, er gibt uns die Länge und unterstützt den kräftigen Körper des Jamaica-Rum.
Ich hoffe das Beispiel war anschaulich genug.
Was hat das nun alles mit mir zu tun? Nun ja, wie das oben genannte Beispiel verdeutlichen soll, lässt sich auch das Orchester Tiki-Drink für sich selbst soweit abstrahieren, und schlussendlich wieder auf eine Form des Minimalismus zurückführen. (wzbw. würden wir in der Mathematik sagen)
Je mehr ich mich nun in Gedanken zu meiner Auffassung von Tiki verloren habe, desto mehr fällt mir auf, dass ich mich noch nie an der Komposition eines eigenen Tiki-Drinks versucht habe. Um das zu ändern werde ich mir demnächst etwas Zeit nehmen und Ideen aufstellen, die ich Euch schließlich präsentieren werde.
Cheers!